Es ist brüchig und droht zusehends zu zerfallen: Das Riesenpanorama, das die Stadt Luzern um 1900 zeigt und eingerollt im Stadtarchiv liegt. Könnte es restauriert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden?

Das historische Fotodokument passt in keine Archivschachtel. Das Panoramabild ist zwei Meter hoch und etwa zehn Meter breit. Florian Fischer, Co-Leiter des Stadtarchivs, hat es eingerollt auf einem Wägelchen aus dem Archivmagazin geholt. Wir verzichten heute darauf, es aufzurollen. Denn das Zeitdokument mit der provisorischen Signatur V700 ist in einem höchst fragilen Zustand. «Die auf einem Leinengewebe aufgezogene Fotografie weist viele Risse auf und zerbröselt langsam», sagt Florian Fischer. «Um das Panoramabild zu schonen, rollen wir es nur in Ausnahmefällen auf.» So wie im letzten Sommer beim Mitgliederträff des Vereins zur Erhaltung der Museggmauer, der im Stadtarchiv Luzern in Reussbühl stattfand.

Museggmauer vom Luftschiff fotografiert?

Auf dem Panoramabild geht der Blick vom Löwenplatz bis zum Männliturm. Im Vordergrund sind die Museggtürme zu sehen, dann fällt der Blick auf die Stadt Luzern mit der Jesuitenkirche, und im Hintergrund steht der Pilatus mit wenig Schnee. «Vom Wenigen, das zu erkennen ist, darf man auf einen Aufnahmestandort auf der Allenwinden-Kuppe schliessen», vermutet Jürg Manser, der ehemalige Leiter der Kantonsarchäologie. Doch so sicher ist er sich nicht. Denn der Blickwinkel sei eigentlich zu hoch und müsse fast über der Kuppe liegen. «Ob da möglicherweise ein Ballon oder das 1910 in Betrieb genommene Luftschiff Ville de Lucerne im Einsatz war?», fragt sich Manser.

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts habe sich die Luftbildfotografie stark entwickelt, und mit der Erfindung der Reihenbildkamera hätten die Panoramabilder wesentlich einfacher fotografiert werden können. Bedeutsamer als die technischen Aspekte sei für die Stadt Luzern jedoch die Fotografie als historische Quelle, betont Jürg Manser. «Das Riesenpanorama stellt einen wichtigen Informationsträger dar, der nicht nur den Zustand der Museggmauer vor rund hundert Jahren zeigt, sondern auch einen Blick auf die Stadt Luzern zur damaligen Zeit gestattet.» Er würde es deshalb begrüssen, wenn das Panoramabild mit Unterstützung des Vereins zur Erhaltung des Museggmauer restauriert werden könnte.

Wann wurde das Panoramabild gemacht?

Weshalb das einmalige Panoramabild gemacht wurde, ist nicht geklärt. Hingegen lässt sich der Zeitpunkt der Fotoaufnahme einigermassen fixieren: Im Hintergrund ist nämlich das eingerüstete Haus Brünigstrasse 7 zu sehen, für das am 11. Juli 1907 eine Baubewilligung erteilt wurde. Vom Nachbarhaus Brünigstrasse 9, für das erst 1908 eine Baubewilligung vorlag, ist jedoch noch nichts zu sehen.

«Deshalb gehen wir davon aus, dass die Fotografie wahrscheinlich auf das Jahr 1908 datiert werden kann», sagt Stadtarchivar Florian Fischer. Dann würde allerdings eine Aufnahme vom Luftschiff aus nicht in Betracht kommen. Ohnehin bleibt offen, wer das Panoramabild in Auftrag gab.

Auch wenn es auf der Rückseite mit L. Käppeli beschriftet ist. Das Bild lagerte bis 2008 im Keller der Buchbinderei Schlapfer an der Klosterstrasse 9 in Luzern, Fotograf könnte Josef Schlapfer gewesen sein. Das Stadtarchiv konnte dies jedoch nicht verifizieren, alle bisher angefragten Personen verfügten über keine weiteren Informationen.

Seit 16 Jahren liegt das Panoramabild nun im klimatisierten Stadtarchiv. «Wir wären an einer professionellen Restaurierung durchaus interessiert», sagt Florian Fischer, «denn es handelt sich um ein einmaliges Panoramafoto.» Deshalb will das Stadtarchiv nun abklären, ob und wie das Bild restauriert werden könnte. Und was das kosten würde. Auch der Verein zur Erhaltung der Museggmauer unterstützt dieses Vorhaben und wird allenfalls einen Beitrag für erste Abklärungsarbeiten leisten.

An der Mitgliederversammlung vom 10. März 2025 stellen Susanna Kraus Casutt und Florian Fischer, Co-Leitung Stadtarchiv Luzern, das Panoramabild mit Fotos vor und berichten über erste Abklärungen.

Dieser Artikel erschien in der Museggmauer Zytig. Sie erscheint jährlich und wird in gedruckter Form den Mitgliedern verteilt. Sie kann auch online nachgelesen werden: